Selbständig als Schreiner: Kompletter Guide Schweiz
Wie du dich als Schreiner selbständig machst: Anmeldung, Kosten, Einkommen und Tipps für die Schweiz. Jetzt Guide lesen!
Selbständig als Schreiner zu arbeiten bietet in der Schweiz ausgezeichnete Chancen. Der anhaltende Bauboom und der Fachkräftemangel schaffen ideale Voraussetzungen für qualifizierte Schreiner, die den Schritt in die Selbständigkeit wagen möchten. Dieser umfassende Leitfaden zeigt dir alle wichtigen Schritte von der Planung bis zum erfolgreichen Schreinerbetrieb – mit konkreten Zahlen, rechtlichen Grundlagen und praktischen Tipps für 2026.
Was bedeutet selbständig als Schreiner in der Schweiz?
Als selbständiger Schreiner führst du deinen eigenen Betrieb als Einzelfirma, GmbH oder AG. Du arbeitest in verschiedenen Bereichen wie Möbelbau, Innenausbau, Küchenbau, Fenster- und Türenmontage oder Renovationen.
Die wichtigste Besonderheit in der Schweiz: Du brauchst keinen Meisterbrief wie in Deutschland. Ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ) als Schreiner reicht aus. Allerdings sind die Qualitätsansprüche sehr hoch.
Die Marktlage 2026 ist günstig. Der Bauboom hält an und Fachkräftemangel schafft Chancen für selbständige Schreiner. Während du als Angestellter ein festes Gehalt beziehst, trägst du als Selbständiger mehr Verantwortung – kannst aber deutlich mehr verdienen.
Rechtlich giltst du als Handwerker im Sinne des Schweizer Gewerberechts. Das bringt spezielle Rechte und Pflichten mit sich, besonders bei der Gewährleistung und Haftung.
Voraussetzungen und Anforderungen
Rechtliche Voraussetzungen
- Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ) als Schreiner/Schreinerin
- Ausländische Qualifikationen müssen anerkannt werden
- Gewerbeanmeldung bei der Gemeinde (je nach Kanton unterschiedlich)
- Handelsregistereintrag bei GmbH/AG oder Einzelfirma ab CHF 100'000 Umsatz
Finanzielle Voraussetzungen
Du benötigst ein Startkapital von CHF 50'000 bis 150'000, abhängig von deiner geplanten Betriebsgrösse. Zusätzlich brauchst du eine Liquiditätsreserve für die ersten 6-12 Monate.
Eigenkapital für Werkstatt und Maschinen ist essentiell. Banken verlangen meist 20-30% Eigenkapital bei Finanzierungen. Deine Kreditwürdigkeit wird geprüft – ein sauberer Betreibungsregisterauszug ist wichtig.
Obligatorische Versicherungen
- AHV/IV/EO-Beiträge für Selbständige (mindestens CHF 514 jährlich)
- Unfallversicherung UVG bei der Suva
- Berufshaftpflichtversicherung (CHF 800-1'500 jährlich)
- Betriebshaftpflichtversicherung für Sachschäden
Fachliche Anforderungen
Du solltest mindestens 3-5 Jahre Berufserfahrung mitbringen. Kenntnisse in Betriebsführung sind von grossem Vorteil, aber nicht zwingend erforderlich.
Wichtig sind auch Kundenumgang und Verkaufsfähigkeiten. Als Selbständiger musst du nicht nur handwerklich arbeiten, sondern auch Offerten schreiben und Kunden beraten.
CAD-Kenntnisse helfen bei der modernen Auftragsabwicklung und wirken professionell auf Kunden.
Kosten im Überblick
Einmalige Startkosten
| Kostenart | CHF | Bemerkung |
|---|---|---|
| Gewerbeanmeldung | 100-300 | Je nach Gemeinde |
| Handelsregistereintrag | 600-800 | Bei GmbH/AG |
| Grundausstattung Werkzeuge | 15'000-25'000 | Basis-Maschinenpark |
| Werkstatteinrichtung | 20'000-40'000 | Miete, Umbau, Infrastruktur |
| Firmenfahrzeug | 25'000-45'000 | Occasion oder Leasing |
| Website/Corporate Design | 3'000-8'000 | Professioneller Auftritt |
| Versicherungen (Jahresprämie) | 4'000-8'000 | Alle obligatorischen |
| TOTAL STARTKOSTEN | 67'700-126'100 |
Laufende monatliche Kosten
| Kostenart | CHF/Monat | Bemerkung |
|---|---|---|
| Werkstattmiete | 2'000-4'000 | Je nach Standort/Grösse |
| Versicherungen | 400-700 | Aufgeteilt auf 12 Monate |
| AHV-Beiträge | 800-1'500 | Abhängig vom Einkommen |
| Buchhaltung/Treuhänder | 300-600 | Externes oder eigenes |
| Marketing/Werbung | 500-1'200 | Online + offline |
| Fahrzeugkosten | 800-1'200 | Leasing, Sprit, Unterhalt |
| TOTAL LAUFENDE KOSTEN | 4'800-9'200 |
Einkommen und Verdienstmöglichkeiten
Typische Stundensätze 2026
- Einfache Arbeiten: CHF 65-80 pro Stunde
- Standardarbeiten: CHF 80-95 pro Stunde
- Spezialisierte Arbeiten: CHF 95-120 pro Stunde
- Designmöbel/Luxussegment: CHF 120-150 pro Stunde
Jahreseinkommen-Szenarien
- Einzelkämpfer: CHF 80'000-120'000 brutto
- Mit 1 Angestellten: CHF 120'000-180'000 brutto
- Etablierter Betrieb (3-5 Mitarbeiter): CHF 150'000-250'000 brutto
Beispielrechnung Einzelunternehmer
Umsatzberechnung:
- 1'600 verrechenbare Stunden pro Jahr × CHF 85 = CHF 136'000 Umsatz
- Abzüglich Material (30%) = CHF 40'800
- Abzüglich Betriebskosten = CHF 60'000
- Gewinn vor Steuern: CHF 35'200
- Nach AHV/Steuern: circa CHF 28'000 netto
Beispielrechnung mit Angestelltem
Erweiterte Berechnung:
- Eigene Stunden: 1'400 × CHF 90 = CHF 126'000
- Angestellter: 1'700 × CHF 80 = CHF 136'000
- Gesamtumsatz: CHF 262'000
- Material/Kosten: CHF 180'000
- Gewinn: CHF 82'000
Die Rechnung zeigt: Mit einem Angestellten steigen deine Verdienstmöglichkeiten erheblich, aber auch die Verantwortung.
Schritt-für-Schritt Anleitung zur Gründung
Phase 1: Vorbereitung (2-3 Monate)
Erstelle einen detaillierten Businessplan mit Finanzplanung. Analysiere deine Konkurrenz und definiere deine Zielkunden klar.
Suche eine geeignete Werkstatt und besichtige verschiedene Standorte. Kläre die Finanzierung durch Eigenkapital, Kredite oder Leasing.
Entscheide dich für eine Rechtsform. Die Einzelfirma ist einfacher und günstiger, eine GmbH bietet mehr Schutz bei höheren Kosten.
Phase 2: Anmeldungen (4-6 Wochen)
Melde dein Gewerbe bei der Gemeinde an. Bei einer GmbH gehst du zum Notar und trägst dich ins Handelsregister ein.
Kontaktiere die AHV-Ausgleichskasse für den Selbständigen-Status. Melde dich bei der Steuerverwaltung für die MWST an, wenn dein Umsatz über CHF 100'000 liegt.
Die Suva-Anmeldung für die Unfallversicherung ist obligatorisch.
Phase 3: Versicherungen abschliessen
Schliesse eine Berufshaftpflicht bei einem spezialisierten Versicherer ab. Organisiere Betriebshaftpflicht und Sachversicherung für deine Werkstatt.
Ein Krankentaggeld sichert dich bei Erwerbsausfall ab. Optional kannst du eine Rechtsschutzversicherung abschliessen.
Phase 4: Werkstatt einrichten
Unterzeichne den Mietvertrag und hinterlege die Kaution. Baue die Werkstatt nach deinen Bedürfnissen um.
Kaufe oder lease die Grundausstattung an Maschinen. Richte Lager- und Bürobereich funktional ein.
Setze alle Sicherheitsvorschriften gemäss Suva-Richtlinien um.
Phase 5: Geschäft starten
Erstelle eine professionelle Website. Lass Visitenkarten, Briefpapier und Rechnungsvorlagen drucken.
Starte die Kundenakquise über dein Netzwerk. Richte ein Buchhaltungssystem ein oder beauftrage einen Treuhänder.
Führe Probeaufträge zur Qualitätssicherung durch.
Phase 6: Wachstum und Optimierung
Baue systematisch einen Kundenstamm auf. Optimiere deine Prozesse und standardisiere wiederkehrende Arbeiten.
Prüfe bei Bedarf die Einstellung des ersten Mitarbeiters. Überlege dir eine Spezialisierung auf profitable Nischen.
Treibe die Digitalisierung voran mit CAD-Software und Online-Marketing.
Häufige Fehler und wie du sie vermeidest
1. Zu wenig Startkapital
Problem: Viele Gründer unterschätzen die Kosten und haben nach 3-6 Monaten Liquiditätsprobleme.
Lösung: plane mindestens 6 Monate Betriebskosten als Reserve ein. Rechne alle Kosten grosszügig und füge 20% Puffer hinzu.
2. Preise zu tief ansetzen
Problem: Dumping-Preise führen trotz viel Arbeit zu Verlusten.
Lösung: Kalkuliere alle Kosten inklusive deines Unternehmerlohns plus angemessener Gewinnmarge. Orientiere dich an Marktpreisen, aber gehe nie unter deine Kosten.
3. Versicherungen vernachlässigen
Problem: Ein einziger Unfall kann deine Existenz bedrohen.
Lösung: Schliesse umfassenden Versicherungsschutz von Anfang an ab. Spare nicht an der falschen Stelle.
4. Buchhaltung unterschätzen
Problem: Steuerprobleme und Bussen wegen falscher Abrechnung sind teuer.
Lösung: Investiere in professionelle Software oder engagiere einen Treuhänder. Halte alle Belege ordentlich.
5. Keine schriftlichen Verträge
Problem: Streitigkeiten bei Aufträgen ohne klare Vereinbarungen kosten Zeit und Geld.
Lösung: Verwende immer schriftliche Offerten und Verträge. Definiere Leistungen, Preise und Termine klar.
6. Falsche Zielgruppe
Problem: Fokus auf unrentable Kleinstaufträge bringt wenig Gewinn.
Lösung: Spezialisiere dich auf profitable Kundensegmente. Lehne unprofitable Aufträge ab.
7. Ungenügende Akquise
Problem: Auftragslücken führen zu Einkommensproblemen.
Lösung: Betreibe kontinuierliches Marketing und pflege dein Netzwerk. Akquiriere auch in guten Zeiten neue Kunden.
8. Qualität vs. Schnelligkeit
Problem: Pfuscharbeit schadet dem Ruf nachhaltig und kostet später mehr.
Lösung: Lieber weniger Aufträge annehmen, aber perfekte Qualität liefern. Zufriedene Kunden empfehlen dich weiter.
FAQ – Häufige Fragen
Brauche ich einen Meisterbrief als selbständiger Schreiner?
Nein, in der Schweiz gibt es keine Meisterpflicht wie in Deutschland. Ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ) als Schreiner reicht vollkommen aus. Allerdings kann eine Weiterbildung zum Schreinermeister oder ein eidgenössisches Diplom deine Glaubwürdigkeit erhöhen und höhere Preise rechtfertigen. Kunden schätzen zusätzliche Qualifikationen, besonders im hochwertigen Möbelbau und bei Restaurationsarbeiten.
Wie finde ich die ersten Kunden als selbständiger Schreiner?
Starte mit deinem persönlichen Netzwerk aus Familie, Freunden und ehemaligen Kollegen. Melde dich bei lokalen Gewerbevereinen an und erstelle Profile auf lokalen.ch und anderen Handwerkerplattformen. Knüpfe gezielt Kontakte zu Architekten, Immobilienfirmen und Küchenstudios, da diese regelmässig Schreiner brauchen. Biete anfangs attraktive Einführungspreise an, aber gehe niemals unter deine Kostenschwelle. Mundpropaganda ist im Schreinergewerbe das wichtigste Marketing-Instrument.
Soll ich als Einzelfirma oder GmbH starten?
Für den Start reicht meist eine Einzelfirma. Du sparst die CHF 20'000 Stammkapital einer GmbH und hast weniger Verwaltungsaufwand. Der Nachteil: Du haftest persönlich für alle Geschäftsschulden. Eine GmbH begrenzt deine Haftung auf das Firmenkapital, kostet aber mehr und hat höhere laufende Kosten. Als Faustregel gilt: Starte mit einer Einzelfirma und wechsle zur GmbH, wenn dein Jahresumsatz über CHF 200'000 liegt oder deine Haftungsrisiken steigen.
Welche Maschinen brauche ich mindestens für den Start?
Die Grundausstattung umfasst Kreissäge, Hobelmaschine, Kantenschleifmaschine, Oberfräse, verschiedene Bohrmaschinen und komplette Handwerkzeuge. Rechne mit CHF 15'000-25'000 für gute Occasionsmaschinen. Kaufe nicht alles neu – bewährte Occasionen reichen am Anfang völlig. Erweitere deinen Maschinenpark erst, wenn entsprechende Aufträge da sind. Spezialmaschinen wie CNC-Fräsen kannst du anfangs mieten oder als Dienstleistung einkaufen.
Wie kalkuliere ich meine Preise richtig?
Berechne alle Kosten exakt: Material, deine Arbeitszeit, Betriebskosten, AHV-Beiträge und gewünschte Gewinnmarge. Als Faustregel gilt bei Möbeln: Materialkosten mal 2,5 bis 3 für den Endpreis. Bei reiner Arbeitszeit liegt der Stundensatz zwischen CHF 65-95 je nach Region und Komplexität. Vergleiche lokale Konkurrenzpreise, aber kalkuliere immer deine echten Kosten durch. Vergiss nie deinen Unternehmerlohn – du arbeitest nicht umsonst.
Wann muss ich MWST abrechnen?
Die MWST-Pflicht beginnt ab CHF 100'000 Jahresumsatz. Du kannst dich aber freiwillig schon früher anmelden. Der Vorteil: Du holst die MWST auf alle Investitionen und laufenden Kosten zurück. Der Nachteil: Mehr Administration und 8,1% Aufschlag für Privatkunden. Bei Geschäftskunden spielt MWST meist keine Rolle, da sie diese ohnehin abziehen können. Für die meisten Schreiner lohnt sich die freiwillige Anmeldung bereits ab CHF 50'000 Umsatz.
Wie wichtig ist eine eigene Werkstatt?
Eine eigene Werkstatt ist für professionelles Arbeiten unverzichtbar. Mobile Schreinerarbeiten sind nur begrenzt möglich, für Möbelbau brauchst du definitiv eine feste Werkstatt mit Stromanschluss und genügend Platz. Miete anfangs, kaufen kannst du später immer noch. Wichtige Kriterien: Gute Erreichbarkeit für Kunden und Lieferanten, ausreichend Platz für Maschinen und Lager, Möglichkeit für Lackierarbeiten und trockene Holzlagerung. Rechne mit CHF 2'000-4'000 monatlicher Miete je nach Standort und Grösse.
Fazit
Die Selbständigkeit als Schreiner bietet in der Schweiz 2026 ausgezeichnete Chancen. Mit dem richtigen Startkapital von CHF 70'000-130'000, gründlicher Vorbereitung und professioneller Herangehensweise steht einem erfolgreichen Schreinerbetrieb nichts im Weg.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Qualität deiner Arbeit und dem Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen. Investiere von Anfang an in professionelle Ausstattung und umfassenden Versicherungsschutz. Kalkuliere deine Preise ehrlich und gehe nie unter deine Kosten.
Die ersten Jahre sind herausfordernd, aber mit Durchhaltevermögen und kontinuierlicher Weiterentwicklung kannst du als selbständiger Schreiner ein überdurchschnittliches Einkommen erzielen. Der Fachkräftemangel und die hohe Nachfrage nach handwerklicher Qualität spielen dir dabei in die Karten.
Dein nächster Schritt: Erstelle einen detaillierten Businessplan und hole dir Offerten für Werkstatt, Versicherungen und Finanzierung ein. Nur wer konkret plant, wird erfolgreich selbständig.
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