Selbständig als Elektriker: Kompletter Guide Schweiz

NIV-Konzession, Startkosten und Einkommen als selbständiger Elektriker in der Schweiz. Mit Schritt-für-Schritt Anleitung. Jetzt Guide lesen!

Redaktion9 Min. Lesezeit

Selbständig als Elektriker zu werden ist einer der lukrativsten Wege in die Selbständigkeit – wenn man die strengen Schweizer Vorschriften kennt. Viele ausgebildete Elektriker träumen von der eigenen Firma, scheitern aber an der komplexen NIV-Konzession oder unterschätzen die Startkosten massiv. Dieser Guide zeigt dir alle rechtlichen Schritte, realistische Kosten und konkrete Einkommensmöglichkeiten für 2026.

Die Schweizer Elektrobranche boomt durch Energiewende und E-Mobilität. Gleichzeitig herrscht akuter Fachkräftemangel – ideale Voraussetzungen für selbständige Elektriker. Du erfährst hier, wie du von der Idee zum ersten Auftrag kommst und welche Fallstricke du unbedingt vermeiden musst.

Was bedeutet selbständig als Elektriker in der Schweiz?

Als selbständiger Elektriker führst du eigenverantwortlich Elektroinstallationen aus – von der Hausverkabelung bis zur PV-Anlage. Der entscheidende Unterschied zu anderen Ländern: Du benötigst zwingend eine NIV-Konzession (Niederspannungsinstallations-Verordnung). Ohne diese Bewilligung darfst du keine Elektroarbeiten ausführen.

Die Schweiz unterscheidet zwischen konzessionierten und nicht-konzessionierten Elektrikern. Nur mit NIV-Konzession darfst du selbständig arbeiten und Installationsanzeigen bei den Behörden einreichen. Diese Konzession ist kantonal geregelt – jeder Kanton hat eigene Verfahren und Kosten.

Der Markt für selbständige Elektriker ist ausgezeichnet. Die Energiewende schafft neue Geschäftsfelder wie Photovoltaik, Batteriespeicher und Ladestationen. Smart Home-Systeme und Gebäudeautomation bieten weitere Spezialisierungsmöglichkeiten mit höheren Margen.

Voraussetzungen und Anforderungen

Rechtliche Anforderungen

Eidgenössischer Fachausweis: Du benötigst mindestens das EFZ als Elektroinstallateur. Der Meisterbrief ist nicht zwingend, aber hilfreich für die Glaubwürdigkeit.

NIV-Konzession: Ohne diese Bewilligung keine Selbständigkeit. Die Beantragung erfolgt beim kantonalen Elektrizitätswerk. Du musst eine Prüfung ablegen und deine Fachkompetenz nachweisen.

Handelsregistereintrag: Als Einzelfirma erst ab CHF 100'000 Jahresumsatz obligatorisch. Bei GmbH oder AG immer erforderlich.

MWST-Registrierung: Pflicht ab CHF 100'000 Jahresumsatz. Viele Elektriker überschreiten diese Grenze schnell.

Finanzielle Voraussetzungen

Das Startkapital solltest du nicht unterschätzen:

  • Kaution für NIV-Konzession: Je nach Kanton CHF 20'000–50'000
  • Grundausstattung: CHF 15'000–25'000 für professionelle Werkzeuge
  • Arbeitsfahrzeug: CHF 30'000–50'000 für einen gebrauchten Transporter
  • Liquiditätsreserve: 6–12 Monate Fixkosten als Puffer

Obligatorische Versicherungen

Berufshaftpflichtversicherung: Absolute Pflicht für NIV-Konzession. Deckung mindestens CHF 1 Million. Kostet jährlich CHF 2'000–4'000.

Krankentaggeldversicherung: Als Selbständiger erhältst du keine Lohnfortzahlung bei Krankheit. Budget CHF 200–400 monatlich.

Betriebshaftpflichtversicherung: Deckt Schäden durch deine Geschäftstätigkeit ab. Kostet CHF 1'500–3'000 jährlich.

Berufserfahrung und Weiterbildung

Du solltest mindestens 2–3 Jahre als angestellter Elektriker gearbeitet haben. Kenntnisse in Buchhaltung und Betriebsführung sind sehr wertvoll. Weiterbildungen in Zukunftstechnologien wie PV-Anlagen oder E-Mobility-Ladestationen öffnen lukrative Märkte.

Kosten im Überblick

KostenartBetrag (CHF)HäufigkeitPflicht/Optional
NIV-Konzession Prüfung2'000–5'000EinmaligPflicht
Kaution NIV-Konzession20'000–50'000Einmalig (rückzahlbar)Pflicht
Handelsregistereintrag600EinmaligOptional/Pflicht
Grundausstattung Werkzeuge15'000–25'000EinmaligPflicht
Arbeitsfahrzeug30'000–50'000EinmaligPflicht
Berufshaftpflicht2'000–4'000JährlichPflicht
Betriebshaftpflicht1'500–3'000JährlichEmpfohlen
Krankentaggeld2'400–4'800JährlichEmpfohlen
Fahrzeugkosten9'600–12'000JährlichPflicht
Buchhaltungssoftware600–1'800JährlichEmpfohlen
Website und Marketing2'000–8'000EinmaligEmpfohlen
Weiterbildungen1'000–3'000JährlichPflicht

Minimales Startkapital: CHF 80'000–120'000 inklusive Kaution und Liquiditätsreserve.

Einkommen und Verdienstmöglichkeiten

Typische Stundensätze 2026

Standard-Elektroarbeiten: CHF 85–120 pro Stunde je nach Region. In Zürich und Genf sind CHF 120–140 möglich.

Spezialisierte Arbeiten: Smart Home-Installationen erzielen CHF 110–160 pro Stunde. PV-Anlagen und Wallbox-Installationen liegen bei CHF 100–150.

Notfalldienst: Abends und Wochenenden werden CHF 150–220 pro Stunde verrechnet. Viele Elektriker bieten 24h-Service an.

Realistische Jahreseinkommen

Ein-Mann-Betrieb: Bei 1'600 produktiven Stunden jährlich und CHF 100 Durchschnittsstundensatz ergibt das CHF 160'000 Bruttoumsatz. Nach Abzug aller Kosten bleiben CHF 80'000–120'000 übrig.

Mit einem Angestellten: Umsatzpotenzial CHF 280'000–350'000. Das Nettoeinkommen des Inhabers steigt auf CHF 120'000–180'000.

Spezialisierung PV/E-Mobility: Diese Bereiche ermöglichen höhere Margen. Jahreseinkommen von CHF 150'000–250'000 sind realistisch.

Beispielrechnung: Hausinstallation

Projekt: Neubau-Elektroinstallation Einfamilienhaus

  • Aufwand: 40 Stunden à CHF 110 = CHF 4'400
  • Material: CHF 2'800 (Marge 20% = CHF 560)
  • Gesamtertrag: CHF 4'960
  • Materialkosten: CHF 2'800
  • Zeitaufwand (inkl. Planung): 45 Stunden
  • Netto-Stundensatz: CHF 48

Diese Rechnung zeigt: Der Brutto-Stundensatz täuscht. Verwaltung, Akquise und Fahrzeiten reduzieren den effektiven Lohn erheblich.

Schritt-für-Schritt Anleitung

1. Vorbereitung (3–6 Monate)

Finanzplanung erstellen: Berechne dein benötigtes Startkapital inklusive 12 Monate Fixkosten. Kläre die Finanzierung über Eigenkapital oder Bankkredit.

Marktanalyse durchführen: Analysiere deine Region. Wie viele Elektriker gibt es bereits? Welche Spezialisierungen sind untervertreten? Befrage potenzielle Kunden.

Geschäftsmodell entwickeln: Entscheide über deine Ausrichtung. Willst du Generalunternehmer sein oder dich spezialisieren? Planst du Angestellte?

2. Rechtliche Schritte

NIV-Konzession beantragen: Kontaktiere das kantonale Elektrizitätswerk. Die Bearbeitungszeit beträgt 4–8 Wochen. Du musst eine Prüfung ablegen und die Kaution hinterlegen.

Handelsregistereintrag: Als Einzelfirma erst ab CHF 100'000 Umsatz nötig. Bei GmbH sofort erforderlich. Kostet CHF 600.

MWST-Registrierung: Melde dich freiwillig an, auch unter CHF 100'000 Umsatz. Das wirkt professioneller gegenüber Geschäftskunden.

3. Versicherungen und Finanzen

Berufshaftpflicht abschliessen: Ohne diese Versicherung erhältst du keine NIV-Konzession. Vergleiche verschiedene Anbieter – die Prämien variieren stark.

Geschäftskonto eröffnen: Trenne privat und geschäftlich konsequent. Wähle eine Bank mit günstigen KMU-Konditionen.

Buchhaltung einrichten: Investiere in professionelle Software wie Bexio oder Abacus. Saubere Buchhaltung spart später Zeit und Geld.

4. Ausrüstung und Marketing

Fahrzeug ausrüsten: Ein professionell beschrifteter Transporter ist mobile Werbung. Investiere in eine durchdachte Werkzeugorganisation.

Online-Präsenz aufbauen: Erstelle eine einfache Website mit deinen Leistungen und Kontaktdaten. Google My Business-Eintrag ist kostenlos und wichtig.

Netzwerk aktivieren: Informiere ehemalige Kollegen über deine Selbständigkeit. Kontaktiere Architekten, Planer und Bauunternehmen.

5. Erste Aufträge akquirieren

Kleinaufträge annehmen: Auch kleine Reparaturen bringen Referenzen und Mundpropaganda. Sei in der Anfangszeit nicht zu wählerisch.

Partnerschaften aufbauen: Kooperiere mit anderen Handwerkern. Sanitäre und Heizungsinstallateure sind ideale Partner.

Qualität vor Quantität: Perfekte Arbeit bei den ersten Aufträgen ist wichtiger als hohe Stückzahlen. Zufriedene Kunden empfehlen weiter.

Häufige Fehler vermeiden

1. Arbeit ohne NIV-Konzession

Fehler: Manche starten schon während der Beantragung mit ersten Aufträgen. Lösung: Warte die Bewilligung ab. Schwarzarbeit kann zur Sperre führen.

2. Zu tiefe Preiskalkulation

Fehler: Nur die reine Arbeitszeit wird kalkuliert, Nebenkosten vergessen. Lösung: Berechne alle Kosten ein: AHV, Versicherungen, Fahrzeug, Verwaltung, Ferien.

3. Ungenügende Liquiditätsplanung

Fehler: Nach 3 Monaten ist das Geld aus, weil Kunden spät zahlen. Lösung: Plane 6–12 Monate Fixkosten als Reserve. Vereinbare Anzahlungen.

4. Vernachlässigte Buchhaltung

Fehler: Belege werden in Schuhkartons gesammelt, Rechnungen vergessen. Lösung: Führe die Buchhaltung wöchentlich. Nutze Apps für Belegerfassung.

5. Fehlende Spezialisierung

Fehler: "Ich mache alles" funktioniert in gesättigten Märkten nicht. Lösung: Wähle 1–2 Spezialgebiete und werde zum Experten.

6. Überschätzte Arbeitskapazität

Fehler: 2'000+ produktive Stunden jährlich eingeplant. Lösung: Rechne realistisch mit 1'400–1'600 Stunden. Der Rest ist Verwaltung.

7. Ungenügendes Marketing

Fehler: "Gute Arbeit spricht für sich" – das dauert zu lange. Lösung: Investiere von Anfang an in sichtbares Marketing und Networking.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Brauche ich zwingend eine NIV-Konzession für alle Elektroarbeiten?

Ja, ohne NIV-Konzession darfst du in der Schweiz keine Elektroinstallationen ausführen. Diese Bewilligung ist kantonal geregelt und kostet je nach Region CHF 20'000–50'000 Kaution plus Prüfungsgebühren von CHF 2'000–5'000. Auch einfache Reparaturen oder das Anschliessen von Lampen erfordern die Konzession. Wer ohne Bewilligung arbeitet, macht sich strafbar und riskiert hohe Bussen.

Wie viel kann ich als selbständiger Elektriker realistisch verdienen?

Bei 1'600 produktiven Stunden jährlich und einem Stundensatz von CHF 100 erreichst du CHF 160'000 Bruttoumsatz. Nach Abzug aller Kosten (Versicherungen, Fahrzeug, Material, Steuern) bleiben CHF 80'000–120'000 netto übrig. Mit Spezialisierung auf PV-Anlagen oder Smart Home sind CHF 150'000+ möglich. Wichtig: Kalkuliere realistisch – viele überschätzen ihre produktiven Stunden massiv.

Welche Versicherungen sind für selbständige Elektriker Pflicht?

Berufshaftpflichtversicherung ist zwingend für die NIV-Konzession vorgeschrieben. Sie kostet CHF 2'000–4'000 jährlich und deckt Schäden bis CHF 1 Million ab. Krankentaggeldversicherung ist nicht Pflicht, aber existenziell wichtig – bei Krankheit erhältst du sonst keine Einnahmen. Betriebshaftpflicht und Fahrzeugversicherung sind ebenfalls empfohlen. Rechne mit CHF 6'000–8'000 jährlichen Versicherungskosten.

Kann ich als Ein-Mann-Betrieb ohne Angestellte genug verdienen?

Absolut ja. Viele Elektriker führen erfolgreich Ein-Mann-Betriebe mit CHF 80'000–150'000 Nettoeinkommen. Du hast weniger Verwaltungsaufwand und keine Personalverantwortung. Wichtig ist eine effiziente Organisation und realistische Preiskalkulation. Spezialisiere dich auf lukrative Bereiche wie PV-Anlagen oder Smart Home. Mitarbeiter bringen zwar mehr Umsatz, aber auch deutlich mehr Komplexität.

Welche Spezialisierungen haben in der Schweiz die beste Zukunft?

Photovoltaik-Anlagen sind durch die Energiestrategie 2050 sehr gefragt. E-Mobility-Ladestationen boomen ebenfalls – bis 2035 sollen 80% aller Neuwagen elektrisch sein. Smart Home-Systeme und Gebäudeautomation bieten hohe Margen bei technikaffinen Kunden. LED-Umrüstungen in Betrieben sind ein weiteres Wachstumsfeld. Meide übersättigte Bereiche wie Standard-Hausinstallationen ohne Spezialisierung.

Wie finde ich meine ersten Kunden als selbständiger Elektriker?

Starte mit deinem bestehenden Netzwerk – ehemalige Kollegen, Kunden deines Ex-Arbeitgebers. Baue Beziehungen zu Architekten, Planern und Bauunternehmen auf – sie vergeben regelmässig Aufträge. Erstelle eine professionelle Website und registriere dich bei Google My Business. Handwerker-Plattformen wie local.ch oder renovero.ch bringen schnell erste Anfragen. Mundpropaganda ist langfristig am wertvollsten – perfekte Arbeit bei den ersten Aufträgen zahlt sich aus.

Was passiert, wenn ich einen Fehler in der Installation mache?

Als Elektriker haftest du für deine Arbeit – bei schweren Fehlern können Millionenschäden entstehen. Deshalb ist die Berufshaftpflichtversicherung obligatorisch. Sie deckt Sach- und Personenschäden bis CHF 1 Million ab. Dokumentiere alle Arbeiten sauber und halte dich an die Normen. Bei der jährlichen ESTI-Kontrolle werden Installationen stichprobenartig geprüft. Fehler können zum Entzug der NIV-Konzession führen.

Fazit

Selbständig als Elektriker zu werden ist in der Schweiz sehr lukrativ – wenn du die hohen Einstiegshürden meisterst. Die NIV-Konzession und das nötige Startkapital von CHF 80'000–120'000 schrecken viele ab. Wer diese Investition stemmt, profitiert von einem boomenden Markt mit akutem Fachkräftemangel.

Die Energiewende schafft neue Geschäftsfelder mit hohen Margen. PV-Anlagen, E-Mobility und Smart Home bieten beste Zukunftsperspektiven. Ein-Mann-Betriebe können problemlos CHF 80'000–150'000 netto verdienen – mehr als die meisten angestellten Elektriker.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Spezialisierung und professionellen Vorbereitung. Erstelle einen detaillierten Businessplan, sichere die Finanzierung und hole die NIV-Konzession vor dem ersten Auftrag. Mit der richtigen Strategie wartet ein sehr profitables Geschäft auf dich.

Nächste Schritte: Kontaktiere dein kantonales Elektrizitätswerk für Informationen zur NIV-Konzession. Kläre die Finanzierung und beginne mit der Marktanalyse. Die Investition lohnt sich – 2026 ist ein perfekter Zeitpunkt für den Schritt in die Selbständigkeit.

Weiterführende Artikel:

  • Einzelfirma gründen in der Schweiz: Schritt-für-Schritt Guide
  • Berufshaftpflichtversicherung für Handwerker: Vergleich und Tipps
  • MWST für Selbständige: Wann ist die Registrierung Pflicht?

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