Factoring Schweiz: Kompletter Guide für Unternehmen
Factoring in der Schweiz: Kosten, Anbieter, Voraussetzungen und Ablauf für bessere Liquidität. Jetzt Factoring-Guide lesen!
Du wartest 30, 60 oder sogar 90 Tage auf dein Geld, während die Rechnungen täglich ins Haus flattern? Factoring kann deine Liquiditätsprobleme lösen. In diesem Guide erfährst du alles über Factoring in der Schweiz: Kosten, Voraussetzungen, rechtliche Grundlagen und wie du den passenden Anbieter findest. Du lernst, ob sich Factoring für dein Unternehmen lohnt und welche Fallstricke du vermeiden solltest.
Was bedeutet Factoring in der Schweiz?
Factoring ist der Verkauf deiner Forderungen an eine spezialisierte Factoring-Gesellschaft. Du stellst eine Rechnung, verkaufst sie sofort an den Factor und erhältst 80-90% des Rechnungsbetrags innerhalb von 24-48 Stunden. Den Rest bekommst du, sobald dein Kunde bezahlt hat – abzüglich der Factoring-Gebühren.
In der Schweiz unterscheidet man zwischen verschiedenen Factoring-Arten:
Echtes Factoring (mit Delkredere): Der Factor übernimmt das Ausfallrisiko. Zahlt dein Kunde nicht, ist das sein Problem. Diese Variante kostet 0,2-1% zusätzlich, bietet aber vollständige Absicherung.
Unechtes Factoring: Du trägst das Ausfallrisiko. Bei Zahlungsausfall musst du die Forderung zurückkaufen oder das bereits erhaltene Geld zurückzahlen.
Offenes Factoring: Dein Kunde erfährt vom Factoring und zahlt direkt an die Factoring-Gesellschaft. Dies ist der Standard bei den meisten Schweizer Anbietern.
Stilles Factoring: Dein Kunde merkt nichts vom Factoring und zahlt weiterhin auf dein Konto. Du leitest die Zahlung dann an den Factor weiter.
Die rechtliche Grundlage bildet das Obligationenrecht (OR) Artikel 164 ff. Eine spezielle Factoring-Regulierung gibt es in der Schweiz nicht – im Gegensatz zur EU. Factoring-Gesellschaften ohne Banklizenz unterliegen nicht der FINMA-Aufsicht, was flexiblere Vertragsgestaltungen ermöglicht.
Der Schweizer Factoring-Verband (SFV) sorgt für Branchenstandards. Das jährliche Factoring-Volumen in der Schweiz beträgt etwa CHF 10-12 Milliarden.
Voraussetzungen und Anforderungen
Nicht jedes Unternehmen kann Factoring nutzen. Die wichtigsten Voraussetzungen:
Rechtliche Voraussetzungen:
- Eintrag im Handelsregister
- Mindestjahresumsatz zwischen CHF 500'000 und CHF 2 Millionen (je nach Anbieter)
- Geschäftstätigkeit seit mindestens 2 Jahren
- Saubere Betreibungsauszüge für Geschäftsführung und Unternehmen
- Ausschließlich B2B-Geschäft (keine Privatkundenforderungen)
Finanzielle Voraussetzungen:
- Eigenkapitalquote von mindestens 10-15%
- Positive Geschäftsentwicklung in den letzten 2-3 Jahren
- Diversifizierte Kundenbasis (kein Kunde über 25% des Umsatzes)
- Ausfallquote unter 2% des Umsatzes
- Zahlungsziele zwischen 30 und 90 Tagen
Operative Anforderungen:
- Professionelle Buchhaltung mit aktueller BWA
- Saubere Kundenstammdaten mit Adressen und Kontaktdaten
- Systematische Rechnungsstellung mit fortlaufender Nummerierung
- EDV-System für Factoring-Integration (idealerweise)
- Dokumentierte Geschäftsprozesse
Ausschlusskriterien: Bestimmte Branchen sind vom Factoring ausgeschlossen: Inkassobüros, Spielcasinos, Erotikgewerbe, reine Bargeschäfte und Unternehmen mit hauptsächlich privaten Endkunden.
Die meisten Factoring-Gesellschaften verlangen eine Kreditversicherung bei echtem Factoring. Diese kostet zusätzlich 0,1-0,5% des versicherten Umsatzes, bietet aber Schutz vor Forderungsausfällen.
Kosten im Überblick
Die Factoring-Kosten setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen:
| Kostenart | Typische Sätze | Berechnungsgrundlage | Beispiel bei CHF 1 Mio. |
|---|---|---|---|
| Factoring-Gebühr | 0,5-2,5% | Vom Forderungsbetrag | CHF 5'000-25'000 |
| Zinsen | 3-7% p.a. | Auf Vorfinanzierung | CHF 3'000-7'000 |
| Bearbeitungsgebühr | CHF 5-50 | Pro Rechnung | CHF 6'000-60'000 |
| Delkredere-Schutz | 0,2-1% | Bei echtem Factoring | CHF 2'000-10'000 |
| Mindestgebühr | CHF 500-2'000 | Monatlich | CHF 6'000-24'000 |
| Setup-Gebühr | CHF 1'000-5'000 | Einmalig | CHF 1'000-5'000 |
Zusätzliche Kosten:
- MWST auf alle Factoring-Gebühren (7,7%)
- Kreditversicherung bei echtem Factoring (0,1-0,5% des Umsatzes)
- Bonitätsprüfungen neuer Debitoren (CHF 50-200 pro Prüfung)
- Mahnwesen und Inkasso (CHF 20-100 pro Vorgang)
Branchenunterschiede: Die Gebühren variieren je nach Branche und Risiko:
- Baugewerbe: 1,5-2,5% (höheres Ausfallrisiko)
- Großhandel: 0,8-1,5% (stabile Kundenstrukturen)
- Dienstleistungen: 1,0-2,0% (mittleres Risiko)
- Produzierendes Gewerbe: 1,2-2,0%
Gesamthaft musst du mit 2-4% deines Factoring-Umsatzes an Kosten rechnen. Bei einem Jahresumsatz von CHF 1 Million und 80% Factoring-Quote bedeutet das CHF 16'000-32'000 jährliche Kosten.
Einkommen und Nutzen mit Beispielrechnungen
Factoring kostet Geld, bringt aber auch messbaren Nutzen. Die wichtigsten Vorteile:
Liquiditätsgewinn: Statt 45 Tage im Durchschnitt auf dein Geld zu warten, hast du es sofort verfügbar. Diese Liquidität kannst du für Skonti bei Lieferanten nutzen, Engpässe vermeiden oder Wachstumschancen finanzieren.
Kostenersparnisse:
- Personalkosten Debitorenbuchhaltung: CHF 3'000-5'000 monatlich
- Mahnwesen und Inkasso: CHF 200-500 pro Fall
- Ausfallrisiko: 1-3% des Umsatzes
- Administrative Entlastung: 10-20 Stunden pro Woche
Beispielrechnung Bauunternehmen
Ausgangslage:
- Jahresumsatz: CHF 2 Millionen
- Factoring-Quote: 80% = CHF 1,6 Millionen
- Durchschnittliche Zahlungsdauer bisher: 60 Tage
- Eigenkapitalquote: 12%
Factoring-Kosten:
- Factoring-Gebühr (2%): CHF 32'000
- Zinsen (5% p.a.): CHF 4'000
- Delkredere (0,5%): CHF 8'000
- MWST (7,7%): CHF 3'400
- Gesamtkosten: CHF 47'400
Nutzen:
- Lieferantenskonti (2% auf CHF 800'000): CHF 16'000
- Personalersparnis Debitorenbuchhaltung: CHF 36'000
- Wegfall Inkassokosten: CHF 8'000
- Vermiedene Zinsen Kontokorrent: CHF 12'000
- Gesamtnutzen: CHF 72'000
Nettonutzen: CHF 24'600
Beispielrechnung Handwerksbetrieb
Ausgangslage:
- Jahresumsatz: CHF 800'000
- Factoring-Quote: 70% = CHF 560'000
- Durchschnittliche Zahlungsdauer: 45 Tage
- Häufige Liquiditätsengpässe
Factoring-Kosten:
- Factoring-Gebühr (2,5%): CHF 14'000
- Zinsen (6% p.a.): CHF 2'100
- Bearbeitungsgebühren: CHF 3'600
- MWST: CHF 1'500
- Gesamtkosten: CHF 21'200
Nutzen:
- Vermiedene Kontokorrentzinsen: CHF 18'000
- Zeitersparnis Administration: CHF 12'000
- Lieferantenskonti: CHF 6'000
- Gesamtnutzen: CHF 36'000
Nettonutzen: CHF 14'800
Die Beispiele zeigen: Factoring rechnet sich besonders bei Unternehmen mit langen Zahlungszielen, teuren Kontokorrentkrediten oder hohem Administrationsaufwand.
Schritt-für-Schritt Anleitung
1. Vorbereitung (2-4 Wochen)
Ist-Analyse durchführen: Analysiere deine Forderungsstruktur der letzten 12 Monate. Wie hoch sind die durchschnittlichen Zahlungsziele? Welche Kunden zahlen regelmäßig pünktlich? Wie viele Ausfälle hattest du?
Daten bereinigen: Bringe deine Kundenstammdaten auf Vordermann. Factoring-Gesellschaften prüfen jeden Debitor einzeln. Unvollständige Adressen oder fehlende Handelsregistereinträge verzögern den Prozess.
Unterlagen sammeln:
- Jahresabschlüsse der letzten 3 Jahre
- Aktuelle BWA (nicht älter als 3 Monate)
- Betreibungsauszüge (Unternehmen und Geschäftsführung)
- Kundenliste mit Umsätzen und Zahlungsverhalten
- Musterrechnungen und AGB
2. Anbieterauswahl (2-3 Wochen)
Marktrecherche: Hole Angebote von 3-5 verschiedenen Factoring-Gesellschaften ein. Große internationale Player wie BNP Paribas oder Bibby bieten oft bessere Konditionen bei hohen Volumina. Lokale Anbieter sind flexibler bei speziellen Anforderungen.
Angebotsvergleich: Vergleiche nicht nur die Gebühren, sondern auch Servicequalität, Branchenerfahrung und Referenzen. Frage nach der durchschnittlichen Bearbeitungszeit und den IT-Schnittstellen.
Referenzen prüfen: Sprich mit anderen Kunden des Factors. Wie zufrieden sind sie mit dem Service? Gab es Probleme bei der Vertragsabwicklung?
3. Vertragsverhandlung (3-4 Wochen)
Due Diligence: Der Factor prüft dein Unternehmen und deine wichtigsten Kunden. Bereite dich auf detaillierte Fragen zu Geschäftsmodell, Kundenstruktur und Zahlungserfahrungen vor.
Konditionen verhandeln: Die ersten Angebote sind meist nicht die besten. Verhandle über Factoring-Gebühren, Zinssätze und Mindestvolumen. Bei guter Bonität sind Nachlässe von 0,2-0,5% möglich.
Rechtsprüfung: Lass den Vertrag von einem Anwalt prüfen. Achte besonders auf Kündigungsklauseln, Haftungsbestimmungen und die Definition "unzulässiger Forderungen".
4. Implementation (4-6 Wochen)
IT-Anbindung: Moderne Factoring-Gesellschaften bieten Schnittstellen zu gängigen Buchhaltungssystemen. Die Anbindung spart Zeit und reduziert Fehlerquellen.
Mitarbeiterschulung: Schule deine Mitarbeitenden im Umgang mit dem Factoring-System. Wer erstellt die Forderungslisten? Wer überwacht die Zahlungseingänge?
Testlauf: Starte mit einem kleinen Kundensegment. Teste alle Prozesse und optimiere sie, bevor du das gesamte Factoring-Volumen überträgst.
5. Go-Live (1-2 Wochen)
Kundeninformation: Bei offenem Factoring musst du deine Kunden informieren. Schicke ein professionelles Schreiben, das die Vorteile für beide Seiten erklärt.
Rechnungsanpassung: Passe deine Rechnungsvorlagen an. Bei offenem Factoring muss die neue Zahlungsadresse prominent sichtbar sein.
Monitoring: Überwache die ersten Transaktionen genau. Funktionieren alle Schnittstellen? Verstehen deine Kunden die neuen Zahlungsmodalitäten?
6. Laufender Betrieb
Regelmäßige Reviews: Führe monatliche Gespräche mit deinem Factor. Bespreche neue Kunden, Kreditlimitanpassungen und mögliche Optimierungen.
Controlling: Kontrolliere die Factoring-Kosten regelmäßig. Stimmen die Abrechnungen? Entwickeln sich die Kosten wie erwartet?
Vertragsoptimierung: Nach 12-18 Monaten hast du Verhandlungsspielraum für bessere Konditionen. Gute Zahlungserfahrungen und wachsendes Volumen rechtfertigen niedrigere Gebühren.
Häufige Fehler vermeiden
1. Unzureichende Vorbereitung der Kundendaten
Problem: Viele Unternehmen unterschätzen den Aufwand für saubere Kundenstammdaten. Fehlende Adressen, veraltete Kontakte oder unvollständige Handelsregistereinträge führen zur Ablehnung durch den Factor.
Lösung: Plane 3-6 Monate für die Datenbereinigung ein. Investiere in ein professionelles CRM-System und halte alle Kundendaten aktuell.
2. Falsche Factoring-Art gewählt
Problem: Unternehmen mit schwacher Bonität wählen oft stilles Factoring, weil sie ihre Kunden nicht "verschrecken" wollen. Das funktioniert aber nur bei unechtem Factoring ohne Ausfallschutz.
Lösung: Sei ehrlich bei der Selbsteinschätzung. Bei Bonitätsproblemen ist offenes, echtes Factoring meist die bessere Wahl.
3. Versteckte Kosten übersehen
Problem: Viele Factoring-Verträge enthalten versteckte Kosten für Bonitätsprüfungen, Mindestgebühren oder IT-Nutzung. Die Gesamtkosten werden dadurch deutlich höher als erwartet.
Lösung: Lass dir eine Beispielrechnung für dein typisches Geschäftsjahr geben. Rechne mit Gesamtkosten von 2-4% des Factoring-Umsatzes.
4. Unrealistische Erwartungen an Kreditlimite
Problem: Factor-Gesellschaften gewähren oft niedrigere Kreditlimite als erwartet. Deine besten Kunden bekommen vielleicht nur CHF 50'000 statt der gewünschten CHF 200'000 Limite.
Lösung: Plane konservativ. Rechne initial mit 60-70% deines Wunsch-Volumens und baue die Limite schrittweise auf.
5. Kundeninformation zu spät oder zu wenig
Problem: Bei offenem Factoring erfahren Kunden oft erst durch die erste Rechnung vom Factoring. Das führt zu Verwirrung und Vertrauensverlust.
Lösung: Informiere deine Kunden 4-6 Wochen vor dem Start. Erkläre die Vorteile und betone, dass sich am Service nichts ändert.
6. Keine Integration ins Buchhaltungssystem
Problem: Ohne Schnittstellen entstehen Doppelarbeiten und Fehlerquellen. Rechnungen müssen manuell übertragen werden, Zahlungseingänge doppelt erfasst werden.
Lösung: Investiere in professionelle Schnittstellen. Die Mehrkosten amortisieren sich durch gesparte Arbeitszeit.
7. Abhängigkeit vom Factor unterschätzt
Problem: Nach 2-3 Jahren Factoring ist eine Rückkehr zur Eigenfinanzierung schwierig. Kunden sind an die Factor-Zahlungsadresse gewöhnt, interne Prozesse sind angepasst.
Lösung: Prüfe Kündigungsklauseln genau und plane eine mögliche Exit-Strategie. Behalte eigene Debitorenkompetenz im Unternehmen.
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FAQ – Häufig gestellte Fragen
Ist Factoring in der Schweiz rechtlich sicher und reguliert?
Ja, Factoring ist in der Schweiz vollständig legal und rechtlich abgesichert. Die Grundlage bildet das Obligationenrecht (OR) Artikel 164 ff., das die Abtretung von Forderungen regelt. Im Gegensatz zur EU gibt es keine spezielle Factoring-Regulierung, was flexiblere Vertragsgestaltungen ermöglicht. Factoring-Gesellschaften mit Banklizenz unterliegen der FINMA-Aufsicht, reine Factor-Unternehmen nicht. Der Schweizer Factoring-Verband (SFV) sorgt für Branchenstandards und ethische Geschäftspraktiken. Die rechtliche Sicherheit ist hoch – Factoring ist seit über 30 Jahren etabliert.
Wie unterscheidet sich Factoring von einem normalen Bankkredit?
Factoring ist kein Kredit, sondern ein Forderungsverkauf. Du verkaufst deine Rechnungen an den Factor und erhältst sofort Liquidität. Bei einem Bankkredit leihst du dir Geld gegen Zinsen und Sicherheiten. Wichtige Unterschiede: Factoring erscheint nicht als Schuld in der Bilanz, verbessert deine Eigenkapitalquote und ist auch bei schwächerer Bonität möglich. Bankkredite sind meist günstiger (2-4% Zinsen), aber schwieriger zu bekommen. Factoring kostet 2-4% des Umsatzes, bietet aber zusätzliche Services wie Debitorenmanagement und Ausfallschutz. Factoring wächst mit deinem Umsatz mit – bei Bankkrediten sind die Limiten meist fix.
Können auch kleine Unternehmen unter CHF 1 Million Umsatz Factoring nutzen?
Ja, aber die Auswahl ist begrenzter und die Konditionen weniger attraktiv. Viele große Factoring-Gesellschaften haben Mindestvolumen von CHF 500'000-1 Million Jahresumsatz. Für kleinere Unternehmen gibt es spezialisierte Anbieter oder Online-Factoring-Plattformen. Die Factoring-Gebühren liegen dann oft bei 2,5-3,5% statt 1,5-2,5% bei Großkunden. Alternativ gibt es Spot-Factoring für einzelne Rechnungen oder Invoice-Trading-Plattformen. Für Unternehmen mit CHF 200'000-500'000 Umsatz kann sich Factoring bei akuten Liquiditätsproblemen oder sehr langen Zahlungszielen trotzdem rechnen. Wichtig ist eine ehrliche Kosten-Nutzen-Rechnung.
Was passiert, wenn mein Kunde die Rechnung nicht bezahlt?
Das hängt von der gewählten Factoring-Art ab. Bei echtem Factoring (mit Delkredere-Schutz) übernimmt der Factor das komplette Ausfallrisiko. Du bist vollständig abgesichert und musst nichts zurückzahlen. Diese Sicherheit kostet 0,2-1% zusätzlich, bietet aber totalen Schutz. Bei unechtem Factoring trägst du das Ausfallrisiko selbst. Du musst die ausgefallene Forderung zurückkaufen oder das bereits erhaltene Geld zurückzahlen. Die meisten Schweizer Unternehmen wählen echtes Factoring, auch wenn es teurer ist. Der Factor prüft die Bonität deiner Kunden vorab und gewährt nur Kredite an zahlungsfähige Debitoren. Dadurch sinkt das Ausfallrisiko deutlich unter das normale Branchenniveau.
Wie wirkt sich Factoring auf meine Kundenbeziehungen aus?
Bei stillem Factoring merken deine Kunden nichts – sie zahlen weiterhin auf dein Konto, du leitest die Zahlungen an den Factor weiter. Bei offenem Factoring (Standard in der Schweiz) zahlen Kunden direkt an die Factoring-Gesellschaft. Das kann anfangs irritieren, ist aber heute weitgehend akzeptiert. Wichtige Erfolgsfaktoren: Informiere deine Kunden 4-6 Wochen vor dem Start transparent über die Änderung. Erkläre die Vorteile für beide Seiten – professionelleres Forderungsmanagement, schnellere Bearbeitung von Reklamationen. Betone, dass sich am Service und den Ansprechpartnern nichts ändert. Erfahrungsgemäß sehen viele Kunden Factoring sogar positiv, da es Professionalität signalisiert.
Kann ich den Factoring-Vertrag jederzeit problemlos kündigen?
Factoring-Verträge haben meist Laufzeiten von 1-3 Jahren mit Kündigungsfristen von 3-6 Monaten. Eine vorzeitige Kündigung ist oft möglich, aber meist mit Gebühren verbunden (3-12 Monatsgebühren). Das größere Problem ist die Rückabwicklung: Alle laufenden Forderungen müssen erst vollständig abgerechnet werden. Das dauert 2-4 Monate. Deine Kunden müssen wieder auf deine Konten umgestellt werden, interne Prozesse angepasst werden. Plane mindestens 6 Monate für einen sauberen Ausstieg. Prüfe vor Vertragsabschluss die Kündigungsklauseln genau. Manche Verträge haben automatische Verlängerungen um weitere 12 Monate. Eine Exit-Strategie solltest du von Anfang an mitdenken, auch wenn Factoring langfristig geplant ist.
Welche Alternativen gibt es zu Factoring für mehr Liquidität?
Die wichtigsten Alternativen sind Kontokorrentkredite (günstiger, aber begrenzte Höhe), Leasing für Investitionen, Crowdlending-Plattformen wie Lendico oder Cashare, sowie staatliche Bürgschaften für Bankkredite. Debt-Factoring ist eine Mischform – du behältst die Kundenkommunikation, der Factor übernimmt nur die Finanzierung. Invoice-Discounting funktioniert ähnlich wie stilles Factoring, ist aber meist günstiger. Für exportstarke Unternehmen gibt es spezielle Exportfinanzierungen der SERV (Schweizerische Exportrisikoversicherung). Welche Lösung optimal ist, hängt von deiner Situation ab: Factoring bei langen Zahlungszielen und hohem Administrationsaufwand, Kontokorrent bei kurzzeitigen Engpässen, Crowdlending bei mittelfristigen Investitionen.
Fazit
Factoring ist für Schweizer KMU eine etablierte und rechtlich sichere Finanzierungslösung. Die Gesamtkosten von 2-4% des Factoring-Umsatzes rechnen sich besonders bei Unternehmen mit langen Zahlungszielen, hohem Administrationsaufwand oder häufigen Liquiditätsengpässen. Echtes Factoring bietet zusätzlich vollständigen Ausfallschutz.
Die Auswahl des richtigen Anbieters entscheidet über den Erfolg. Große internationale Factoring-Gesellschaften bieten oft bessere Konditionen bei hohen Volumina, lokale Anbieter sind flexibler bei speziellen Anforderungen. Eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Rechnung und professionelle Vertragsprüfung sind unerlässlich.
Deine nächsten Schritte: Analysiere deine aktuelle Forderungsstruktur und berechne den möglichen Liquiditätsgewinn. Hole 3-5 Angebote von verschiedenen Factoring-Gesellschaften ein und vergleiche nicht nur die Gebühren, sondern auch Service und Branchenerfahrung. Lass den Vertrag von einem Anwalt prüfen und plane die Kundeninformation sorgfältig. Mit der richtigen Vorbereitung kann Factoring deine Liquiditätssituation nachhaltig verbessern und Wachstumschancen eröffnen.
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